i54 Vi.ztr. Karl V bis zum wesiph. Fried. 1620 -1648
Fi. Gustav Adolf in Teutschland.
i63o— 32.
Die Kraft der protestantischen Fürsten war
gelähmt, und das Restitutionsedict wurde an tne3
len Orten bereits in Vollzug gesetzt. Wer Ferdi-
nands Gemuthoart kannte, konnte wohl vorsehen,
was er der neuen Kirche bereite, und daß wohl
überhaupt die Frage die sey, ob in Zükunft eine
protestantische Kirche in Teutschland seyn werde?
In dieser Gefahr kam derselben die Hülfe von einem
Volke, welches bis dahin, fast unbekannt, in sei-
nen nördlichen Wohnsitzen gelebt hatte; es waren
die Schwede», ein Volk, stark, schön, unge-
mischt, tapfer und gottesfurchtig, vom gothisch-
teutschen Stamme, eines der edelsten, welche sich
germanischen Ursprungs rühmen. Bisher hatte es
in seinem, mir mancherlei Schönheit geschmückten,
aber rauhen, Lande, an Seen und Kü^en, auf
Hügeln und i» Wäldern, auf alt-germanische
Weise gelebt, und seit den ältesten Zeiten, da es
unter dem gemeinschaftlichen Namen der Norman-
nen an den großen Seezügen Theil genommen,
sich nicht nach Außen gewendet. Aber rn vielen
inneren Kämpfen hatte es die Kräfte für die
größere Rolle geübt. — Im Jahre 1611 folgte
Gulkav Adolf seinem Vater Karl Ix aitf dem
Throne, und er war es, den das Schicksal be-
ftnnint hatte, sein Volk aus den größeren Schau-
platz der Weltgeschichte zu führen. In dem Ge-
fühle solcher Bestimmung hat Gustav Adolf den
Kampf gegen die überlegene Macht Oestreichs un-
ternommen.
Dieser große König ist sehr verschieden beur-
theilt worden, weil er in einem Zeitalter lebte,
da der Geist heftiger Partheiung die einfache An-
sicht der Begebenheiten und Menschen nicht gestat-
tete. Ein Theil hat ihn nur als Eroberer betrach-
tet, welchen die llnruhe eines brennenden Ehrgei-
zes über das Meer getrieben, um fremde Lander
zu bezwrngen, und dem die Religion als Deck-
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Extrahierte Personennamen: Karl Gustav_Adolf Gustav Adolf Gulkav_Adolf Adolf Karl_Ix Karl Gustav_Adolf Gustav Adolf Oestreichs
2
Einleitung.
sehr guter, dauerhafter Art. Edle Obstbaume konn-
ten nicht wohl gedeihen, es wuchsen nur etnige Ar-
ten wilder Beeren; und die Römer fanden das
ganze Land so unfreundlich, daß sie cs für unmög-
lich hielten, jemand könne Italien verlassen, um in
Teutschland zu wohnen.
Unsere Vorfahren aber liebten dieses Land über
Alles/ weil sie als freie Männer darin geboren wa-
ren, und weil des Landes Beschaffenheit ihre Frei-
heit schützen half. Die Wälder und Sümpfe schreck-
ten den Feind; die rauhe Luft, so wie die Jagd der
rvilden Thiere, stärkten die Körper der Männer, und
hei einfacher, natürlicher Kost wuchsen sie zu so ho-
hen Gestalten und solcher Kraft empor, daß die an-
dern Völker sie staunend bewunderten. So hart hat-
ten sie sich von Jugend auf gewöhnt, daß sie selbst
im Winter nur wenig Kleidung trugen, und sich im
Freien, im kalten Flusse, badeten. Felle wilder
Thiere, die Siegeszeichen ihrer Jagden, hingen von
Den Schultern herab, doch so, daß ein großer Theil
des Lerbes unbedeckt war. Die Kinder aber liefen
fast ganz nackend umher, und die verweichlichten
-Völker, welche ihre Kinder nur mit Muhe durch die
früheren Jahre hindurch brachten, wunderten sich,
ivie die Knaben der Teutfchen ohne ängstliche Pflege
rind Wartung in solcher Fülle der Gesundheit her-
anblüheten.
Die Römer nannten dieses Volk, nach feiner
Kriegerischen und tapferen Sinnesart, Germane.n,*)
und hielten es, mit Recht, für ein uraltes, reines,
*) Von dem Worte Geer, welches Spieß bedeutet, und
aus welchem auch das Wort Heer, und das französt-
! sche guene, Krieg, entstanden ist.
Mo'c U ''io « N)Ni.>>- - J'“ ' "
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9*3 Aelt. G. Ii. Ztr. Klodwig bis Karl d. Gr. 466—768.
wie ihr Clima, so wurden ihre Wälder doch so lang-
sam ausgerottet, daß die Veränderung ohne schäd-
liche, zu schnelle Ucbergänge geschah. Und noch dür-
fen wir uns rühmen, fester und ausdauernder an
Leib und Seele zu seyn, als die südlichen Völker.
Die größte Veränderung bei den ausgewander-
ten, leutschenstämmen ging aber mit der Sprache
vor. Denn da in den eroberten Ländern hauptsäch-
lich die römische oder lateinische Sprache geredet
wurde, -und diese damals um vieles ausgebildeter
war, als die teutsche, so konnte sie nicht durch diese
verdrängt werden, sondern es entstand eine Mischung
von beiden, wodurch beide verwandelt wurden; und
oft fand sich noch die eigentliche Landessprache, als
ein drittes Bestandlhcil. dazu. Daher redet man in
Frankreich, Spanien, Portugal, Italien und England
romanische, das ist, aus dem Römischen gemischte,
Sprachen, die zum Theil wohl besser in's Öhr fallen
mögen, als die unsrige, welche aus den alten Wäl-
dern noch manche Rauhigkeit an sich trägt, die aber
auch nicht so kräftig, nicht so treu und herzlich, nicht
so reich an gemüthlichen Wörtern, und dabei schon
lange alt geworden sind. Die unsrige ist noch immer
jung und lebendig, und nimmt noch alle Tage an
Schönheit und Reichthum zu. Sie ist eine Ursprache,
deren Wurzel bis in den uralten Boden unserer
Volkseigenthümlichkeit zurückreichen, und ihre Nah-
rung aus dem reichen Quell des Lebens ziehen, mit
welchem die Natur unser Volk ausgestattet hat. Wir
können unsere Sprache ein unmittelbares Geschenk
Gottes nennen, wie eine jede Naturgabe; die, durch
Zusammensetzung aus mehreren anderen gebildeten
Sprachen aber sind Menschenwerk, wie das künstliche
Gewebe, welches Menschenhände aus den Gewächsen
des Feldes bereiten. Zwar kann dieses recht schön
und kunstreich gearbeitet seyn, aber es ist nun für
alle Zeiten fertig, und hat keine innere Kraft des
Lebens und des Wachsens mehr in sich. Unsere
Sprache ist noch das lebendige Gewächs in dem
fruchtbaren Boden, Md unsere Arbeit an ihr ist nur
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Spanien Portugal Italien England
Ein l ei tu n g. 45
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uns doch Einiges, und zwar recht Großes und Wichtiges, durch
sie überliefert ist, — so sind es doch immer nur die Zeugnisse
Fremder, der Deutschen Natur an Bildung und Wesen fern stehen-
der Südländer, unserer Sprache unkundig und, bis auf Einen,
gleichgültig oder gar feindselig gegen uns gesinnt. Kein einziges
Wort ans deutschem Munde, das römische Urtheil berichtigend,
oder die Fäden der Begebenheiten auseinanderlegend, welche die
Römer nicht sehen noch verstehen konnten, redet zu uns ans jener
Zeit. Wie viel reicher und sicher noch ehrenvoller würde das Ge-
mälde derselben sich vor uns ansbreiten, wenn wir auch deutsche
Quellen besäßen! Aber erst viele Jahrhunderte später, nachdem un-
erhörte Umwälzungen vorgegangen waren, welche fast kein Bestand-
theil der alten Zeit auf seinem Flecke gelassen hatten, fangen ein-
zelne, sparsame Quellen der Geschichte an ans deutschen Zeugnissen
zu fließen, von Schriftstellern, welche mit ihrem Volke auf frem-
den Boden verschlagen, die Schicksale desselben Zn erzählen ver-
suchen. Ihre Namen werden im Anfänge des zweiten Zeitraumes
genannt werden.
Nach allem Obigen müssen wir uns daher begnügen, ans den
römischen und griechischen Schriftstellern, und durch Schlüsse ans
späteren Zeugnissen auf frühere Zeiten, ein möglichst getreues Bild
unserer Vorzeit anfznstellen, uns dabei bescheidend, daß sehr Vieles
dunkel, abgerissen, in Widersprüche gehüllt, erscheinen muß, und
daß die Meinungen über manches Einzelne wohl immer getheilt
bleiben werden. Die Zeit, für welche die folgende Schilderung
gehört, ist die Zeit um Christi Geburt und die nächsten Jahrhun-
derte darnach.
2. Die Beschaffenheit des Landes.
Unser Vaterland war in den Zeiten, da die Römer dasselbe zu-
erst kennen lernten, nach ihrer Beschreibung ein rauhes und un-
wirthbares Land, voll ungeheurer Waldungen, Sümpfe und öder
Strecken. Der große her zynische Wald dehnte sich, nach Cä-
sars Angabe, von den Alpen in einer Länge von 60 und einer
Breite von 9 Tagereisen weit durch dasselbe hin, und danach müß-
ten alle Haupt-Gebirge und Wälder des jetzigen Deutschlands die
Ueberbleibfel dieses ungeheuren Waldgebirges seyn. Allein Cäsar
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Widersprüche Christi Deutschlands